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Förderverein Dorfgemeinschaft
Stralsbach e. V.

WappenBurkardroth4

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Orginaltext aus dem Wallfahrtsbuch,
niedergeschrieben von Egon Schlereth anlässlich seiner 25jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit als Wallfahrtsführer und mit seiner Genehmigung auf der Internetseite des Fördervereins veröffentlicht.

 

250 Jahre gelobte Kreuzbergwallfahrt Stralsbach

Am 3. September 1994 um 08.00 Uhr ist es wieder soweit, da brechen die Stralsbacher Wallfahrer wieder zu ihrer alljährlichen gelobten Kreuzbergwallfahrt auf und das heuer seit 250 Jahren. Dem Kirchenführer des Klosters Kreuzberg ist zu entnehmen, dass im Jahre 1744 eine Wallfahrt aus Stralsbach genannt ist. Den Verfasser des Kirchenführers, Herrn Pfarrer Erwin Sturm aus Rommerz, Kreis Fulda, habe ich gefragt, woher er denn seine Quellen hat. Er hat mir glaubhaft versichert, dass im Buch „Geschichte der Wallfahrt und des Klosters auf dem hl. Kreuzberg in der Rhön“ niedergeschrieben ist, dass 1744 unter anderem auch eine Wallfahrt aus Stralsbach zu verzeichnen ist. Autor des Buches war Pater Angelius Puchner. Tatsache ist, dass vor gut 250 Jahren in Stralsbach eine fürchterliche Krankheit wütete (sehr wahrscheinlich die Pest). Das Dorf drohte auszusterben. In ihrer großen Not und Verzweiflung gelobten die Stralsbacher Bürger, unterstützt von ihrem Bürgermeister mit seinem Gemeinderat, wenn die Krankheit weicht, wollen sie alljährlich am Samstag vor dem 1. Sonntag im September eine Wallfahrt zum hl. Kreuz auf dem Kreuzberg machen. Nach mündlicher Überlieferung sollte alljährlich von jedem Haus wenigstens 1 Person teilnehmen.

Die Wallfahrt ist seit jeher Sache der politischen Gemeinde, nicht der Kirchengemeinde. Die Auslagen der Wallfahrt trägt seit jeher die politische Gemeinde. Seit der Gebietsreform ist der Markt Burkardroth Rechtsnachfolger der ehemals selbständigen Gemeinde Stralsbach und bestreitet seitdem die Auslagen.

Die Auslagen setzen sich zusammen: aus den Wallfahrtsgebühren im Kloster, dem Läutgeld für den Läuter in Frauenroth, Premich und Waldberg, den Auslagen für Batterien für den Lautsprecher und wenn an den sonstigen Gerätschaften (Fahne und Kreuz) Reparaturen anfallen würden, sind auch dies zu tragen und der Aufwandsentschädigung für die Musikkapelle.

Das Geld für die Auslagen ist seit jeher im Voraus dem Wallfahrtsführer auszuhändigen. Mit der Aufwandsentschädigung für die Musikkapelle sollte gleich von Anfang an sichergestellt werden, dass die Wallfahrt in einem würdigen Rahmen durchgeführt wird. In den vergangenen 250 Jahre, hat es immer wieder einmal so schlechte Zeiten gegeben, wo mancher Musikant, hätte er nicht ein paar Pfennige Aufwandsentschädigung im Voraus erhalten, hätte er vielmals an der Wallfahrt nicht teilnehmen können.

1803 kommt die Wallfahrt durch die Säkularisation zum Erliegen (alle Wallfahrten wurden verboten). Als sich die Zeiten wieder normalisierten und die Wallfahrten wieder allmählich in Gang kamen, grassierte in Stralsbach eine große Viehseuche. Die war so schlimm, dass die Bauern zuletzt zusammen helfen mussten, um die verendeten Tiere auf ihren Leiterwägen zur Waldabteilung Seeschlag zu schieben, weil keine Zugkühe mehr da waren. Die Waldfläche, wo die verendeten Tiere vergraben wurden, heißt heute noch „der Tiergarten“ und die Unebenheiten durch die Vergrabungen sind heute noch zu sehen. In ihrer großen Not besannen sich die Stralsbacher wieder an ihr Gelübte, erneuerten es und wallfahrten seitdem wieder alljährlich zum hl. Kreuz.

Während des 2. Weltkrieges war die Wallfahrt von den damaligen nationalsozialistischen Machthabern erneut verboten.

Als 1946 die damalige amerikanische Militärregierung die Wallfahrten wieder erlaubten, nahmen die Stralsbacher ihre gelobte Kreuzbergwallfahrt wieder auf. Unter den Teilnehmern waren damals fast alle zu diesem Zeitpunkt schon heimgekehrten Kriegsteilnehmer, wenn sie nicht durch Verwundung daran gehindert wurden. Sie wollten ihrem Heiland am Kreuz danken, dass er sie sicher durch das Kreuz des Krieges geführt hat und sie wieder in ihre Heimat zurück kehren konnten.

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Organisation der Wallfahrt
Der Wallfahrtsführer versieht sein Ehrenamt ohne jegliche Aufwandsentschädigung im Auftrag der Gemeinde. Schon Anfang Januar, wenn noch niemand die Wallfahrt denkt, meldet er in der Klosterpforte die Wallfahrt an, damit der Termin und die Unterkunft für die Stralsbacher freigehalten wird. Er hat während des Fußmarsches und oben im Kloster für Ordnung und Ruhe und einen reibungslosen Ablauf der Wallfahrt zu sorgen. Er bestellt Kreuz-, Fahnen- und Lautsprecherträger sowie Vorbeterin oder Vorbeter. Schon Monate zuvor meldet er ungefähre Teilnehmerzahl, Datum und Zeit der Ankunft bei der Gastwirtschaft Ziegler in Waldberg an, damit reibungslos und schnell das Mittagessen eingenommen werden kann. Gleichzeitig sorgt er dafür, das die Wallfahrer auf ihrem Heimweg in Premich in der Gastwirtschaft Holzheimer bei ihrer Rast eine deftige Brotzeit bekommen. Eine Woche vor der Wallfahrt bestellt er beim Läuter in Frauenroth, Premich und Waldberg das „ortsübliche Geläut“, das er dann während des Heimmarsches gleich in jeder Kirche bezahlt. Bei der letzten Musikprobe vor der Wallfahrt trifft er sich mit der Musikkapelle und überbringt ihr die Aufwandsentschädigung. Er holt in der Klosterpforte die Unterkunftsliste und verteilt eine Woche vor der Wallfahrt im Pfarrheim die Betten und kassiert von jedem die Übernachtungsgebühren.

 

Wenn dann immer am jeweiligen Samstag früh nach dem Wallfahrtsgottesdienst das Gepäck im Begleitbus, den die Firma Heribert Albert seit einigen Jahren kostenlos stellt, verladen ist, treffen sich die Wallfahrer wieder im Gotteshaus, hier werden sie mit dem Segen vom Kreuzpartikel vom Pfarrer verabschiedet. Und wenn die Vorbeterin dann mit noch lauter und kräftiger Stimme das Lied vorspricht: „Sei hl. Kreuz gegrüßet, an dem mein Gott gebüßet, für allen Menschen Schulden, aus Lieb und freiem Dulden. Du Himmelsbaum auf Erden, du Zuflucht in Beschwerden, du Labsal aller Müden, du wahrer Trost und Frieden“, dann vergessen die Wallfahrer für zwei Tage den Alltag mit all seinen Querelen. Wenn wir singend und betend am Fuße des Kirchbergs ankommen, werden wir noch von den unter den Linden stehenden früheren Wallfahrern und all denen die aus anderen Gründen nicht mit können, durch ein wehmütiges Winken verabschiedet. Eine jede passionierte Wallfahrerin und ein jeder passionierter Wallfahrer kann aus ihren gläsernen Augen lesen, dass sie uns noch einmal sagen wollen „Betet auch für uns, nehmt auch unsere Anliegen mit und bittet die Gottesmutter, dass sie auch für uns bei ihrem gekreuzigten Sohn Fürsprache einlegt“.

Spätestens jetzt ist die große Wallfahrtsfamilie perfekt. Außerhalb der Ortschaft folgt noch eine kurze Begrüßung und Ermahnung durch den Wallfahrtsführer, dann geht es flotten Schrittes dem Kreuzberg zu.

Zur heurigen Jubiläumswallfahrt wird ganz besonders eingeladen. Alle, die aus irgend welchen Gründen am Fußmarsch nicht teilnehmen können, lade ich ein um 16.45 Uhr mit uns den Kreuzweg zu beten.

Am Sonntag ist um 09.30 Uhr der Wallfahrtsgottesdienst, bei dem auch die neue Wallfahrtskerze gesegnet wird, die ich aus Anlass meiner 25jährigen Tätigkeit als Wallfahrtsführer gestiftet habe.

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